Barrique und Eichen-Chips
Weinwissen
Barriques und
Eichenchips
Der biologische Säureabbau lässt sich
wegen seiner grösseren Temperatursensibilität leichter in den kleinen Holzfässern
durchführen als in Stahltanks. Der Kellermeister braucht den Gärkeller nur zu
erwärmen oder auf wärmere Frühlingstemperaturen zu warten.
Die
wichtigste Eigenschaft des Ausbaus im Holzfass ist, dass der Wein in ihm atmen
kann. Die Sauerstoffzufuhr beschleunigt die Polymerisation. Dadurch wird der
Wein weicher, harmonischer und komplexer. Wegen des hohen Gehalts an Phenolen
verträgt der Rotwein den Sauerstoff nicht nur, er braucht ihn geradezu zur
Reifung, die nichts anderes ist als die Feinoxydation des Weins. Der
Luftzutritt wird ermöglicht durch das poröse Holz des Fasses, durch die kleine
Oberfläche des Fassspunds und beim notwendigen Umpumpen des Weins von einem zum
anderen Fass.
Das
beste Eichenholz für diese Fässer stammt aus staatlichen Eichenplantagen in
Frankreich; zunehmend kaufen die grossen französischen Barrique-Fabrikanten ihr
Holz auch in Ungarn, Rumänien oder Russland. Auch Nordamerika ist ein wichtiger
Lieferant für Fasseiche geworden. Barrique-Weine aus amerikanischer Eiche schmecken
sehr aromatisch und intensiv, aber weniger süss als solche aus französischer
Eiche und eignen sich gut für Shiraz- (Syrah-) oder Tempranillo-Trauben (Neue
Welt und Spanien).
Ein
weiterer Effekt des Barrique-Ausbaus liegt in den herausgelösten Tanninen, die
in den Wein übergehen, vor allem wenn die Fässer neu sind. Im ersten Jahr gibt
eine neue Barrique etwa 200 Milligramm Tannin an den Wein ab. Das entspricht
etwa einem Zehntel des Tannins aus den
Traubenschalen. Dadurch erhalten die Barrique-Weine ihr unverkennbares Bukett,
das an süsse Vanille, Nelkengewürz und (bei entsprechendem Toasten der Fässer)
an Karamell erinnert. Nach drei Jahren Gebrauch ist der Einfluss des Fassholzes
auf den Geschmack des Weins praktisch gleich null.
Weine
aus der Neuen Welt, die sich im unteren Preisbereich bewegen, sind mit grosser
Wahrscheinlichkeit Chips-Weine. Bei diesem Verfahren werden dem Wein Holz-
beziehungsweise Eichenchips (Späne) beigegeben. Die Chips geben zwar Tannin und
bestimmte Aromen an den Wein ab, doch entfällt der Reifungsprozess und damit
die Feinoxidation durch die Fassdauben. In Europa dürfen vorläufig solche Weine
„in Kontakt mit Holz“ nicht hergestellt, wohl aber verkauft werden. Es bleibt
zu hoffen, dass solche Verfahren in Zukunft auf dem Etikett angegeben werden
müssen.
Noch
billiger sind chemische Essenzen mit Barrique-Aromen, die in den fertigen Wein
gegeben und ihm einen weichen, gereiften Charakter geben sollen, so dass er
jünger geniessbar ist. Seriöse Kellermeister lehnen solche Schminke ab.